Die kleine Prinzessin schaute auf den großen, schwarzen Turm, in dem ihr Bruder wohnte. Dann schaute sie zum Hauptmann der Wache:
„Bist du sicher, dass ich meinen Bruder im Turm einsperren darf?“, fragte sie.
„Aber nein, Prinzessin“, antwortete der Hauptmann der Wache. „Du sperrst deinen Bruder doch nicht im Turm ein. Ich habe das gemacht.“
Die kleine Prinzessin schluckte und schaute den Hauptmann der Wache ängstlich an. „Bist du immer so böse?“, fragte sie.
„Ich bin doch nicht böse, kleine Prinzessin“, antwortete der Hauptmann. „Ich bin der Hauptmann der Wache. Und meine Aufgabe ist es, dich zu beschützen.“
„Du beschützt mich?“, staunte die kleine Prinzessin. „Ja klar“, sagte der Hauptmann der Wache. „Und wenn dein Bruder böse ist, sperre ich ihn im Turm ein.“
Die kleine Prinzessin schluckte. Dann zupfte sie den Hauptmann der Wache am Ärmel und flüsterte: „Aber das darfst du nicht. Ich muss meinen Bruder doch beschützen.“
„Musst du das, kleine Prinzessin?“, wunderte sich der Hauptmann.
Und die kleine Prinzessin nickte heftig mit dem Kopf. „Schon als ich ganz klein war, haben Mama und Papa mir gesagt, dass ich meinen Bruder beschützen muss.“
„Ja aber“, wunderte sich der Hauptmann. „Da war doch dein Bruder auch ganz klein, oder?“
„Natürlich“, antwortete die kleine Prinzessin.
„Na siehst du“, sagte der Hauptmann. „Als er klein war, hat er eine kleine Prinzessin gebraucht, die ihn beschützt. Aber jetzt ist er groß – und jetzt muss ich andere vor ihm beschützen.“
„Oh!“, staunte die kleine Prinzessin. „Das stimmt. Das machst du ja gerade schon. Du beschützt mich vor ihm.“
„Genau“, sagte der Hauptmann. „Und wenn ich dich VOR ihm beschützen muss, ist es nicht mehr deine Aufgabe, IHN zu beschützen.“
Die kleine Prinzessin blinzelte. Das war ja völlig anders herum, als sie es immer gemacht hatte.
„Bist du sicher, dass es so richtig ist?“, fragte sie den Hauptmann der Wache.
„Weißt du noch, wer ich bin, kleine Prinzessin?“, stellte der Hauptmann eine Gegenfrage.
„Natürlich weiß ich das“, sagte die kleine Prinzessin entschieden. „Du bist der Hauptmann der Wache.“
Stimmt. Und als Hauptmann der Wach ist es meine Aufgabe, dich zu beschützten. Und damit ich das richtig gut kann, habe ich ganz viel darüber gelernt: Ich weiß genau, wenn man jemandenBE-schützen muss und wenn man ander VON-jemandem schützen muss.
Liebe Menschen BE-schützt man. VON bösen Menschen schützt man andere.“
„Jetzt habe ich es verstanden!“, rief die kleine Prinzessin. „Du BE-schützt mich VON meinem bösen Bruder. Und deshalb ist er im Turm.“
„Genau“, sagte der Hauptmann der Wache. Und dann legte er ihr eine Hand auf die Schulter.
„Denke immer daran, kleine Prinzessin: VOR bösen Menschen muss man sich schützen. Deshalb sperrst du böse Menschen am besten in den Turm.
Liebe Menschen darfst du BE-schützen. Aber nur, wenn sie deine Hilfe brauchen.“
„Huch…“, murmelte die kleine Prinzessin. „Wäre es nicht besser, wenn ich alle lieben Menschen beschützte?“
„Aber nein“, schüttelte der Hauptmann den Kopf. „Du bist nur eine kleine Prinzessin, und es gibt sooooo viele liebe Menschen. Denke deshalb immer daran: Es ist nicht deine Aufgabe, sie zu beschützen. Aber du kannst mir und den Wachen gerne dabei helfen.“
Die kleine Prinzessin steckte den Finger in den Mund und dachte tief und lange nach.
Das, was der Hauptmann ihr gesagt hatte, war ganz anders als das, was Mama und Papa ihr gesagt hatten. Aber, erkannte die kleine Prinzessin schließlich: Früher war ihr Bruder auch nicht böse, deshalb hatten Mama und Papa es vielleicht nicht richtig erklärt.
Oder… grübelte sie… vielleicht wussten Mama und Papa es selbst nicht. Vielleicht wusste es nur der Hauptmann der Wache.
Die kleine Prinzessin seufzte. Auch Eltern konnten wohl nicht alles wissen.
Aber das war okay, beschloss die kleine Prinzessin. Schließlich hatte sie nicht nur ihre Eltern, sondern auch den Hauptmann der Wache, der sie beschützte.
Spontan lief sie auf ihn zu und drückte ihn gaaanz fest.
Der Hauptmann strahlte und drückte sie gaaaanz sanft zurück.
Zufrieden lächelten sich die beiden an. Da musste die kleine Prinzessin plötzlich gähnen.
Was war das heute für ein anstrengender Tag gewesen. Sie hatte sooooo viel gelernt. Über BE-schützen, über VOR jemandem schützen und über ihren bösen Bruder im Turm.
Doch auch wenn es anstrengend gewesen war, eines wusste sie jetzt genau: Ihr böser Bruder gehörte in den Turm. Und sie musste ihn nicht länger beschützen.
Mit einem spitzbübischen Lächeln drehte sie sich zum Turm und streckte ihrem Bruder die Zunge heraus. Dann blickte sie zum Hauptmann der Wache, der ihr stolz zulächelte. Und gemeinsam drehten sie sich um und gingen zurück ins Schloss.
Von

Der Newsletter über Energiearbeit, Lichtarbeit und Medialätit erscheint wöchentlich. Mit dem Absenden erkläre ich mich mit Verarbeitung meiner Daten auf Basis der Datenschutzbestimmungen einverstanden. Ich weiß, dass ich mich jederzeit problemlos wieder abmelden kann.
Der Newsletter über Energiearbeit, Lichtarbeit und Medialätit erscheint wöchentlich. Mit dem Absenden erkläre ich mich mit Verarbeitung meiner Daten auf Basis der Datenschutzbestimmungen einverstanden. Ich weiß, dass ich mich jederzeit problemlos wieder abmelden kann.


